Version: 15.08.2004

Intensive Insulin Therapie


Eine Hyperglykämie oder auch eine Insulinresistenz läßt sich recht häufig bei Patienten finden, die sehr schwer erkrankt sind. Auch ohne das vorher eine Diabetes mellitus bestand. Das ist ein Problem, was allgemein bekannt ist und sicherlich jedem, der auf einer Intensivstation arbeitet, ist schonmal aufgefallen, dass man kaum normale Blutzuckerwerte antrifft. Es ist aber bisher unbekannt gewesen, ob die Patienten von einer Blutzuckereinstellung durch intensive Insulingabe profitieren. Van Den Berghe et al. untersuchten an den beatmeten Patienten einer chirurgischen Intensivstation den Einfluß einer intensiven Insulingabe (Novo Nordisk Actrapid HM, 50 IE in 50ml physiologischer Kochsalzlösung, NaCl 0,9%).

Die Patienten wurden zufällig einer Gruppe zugeordnet, die entweder gewöhnlich oder intensiv mit Insulin behandelt wurden.

Bei der gewöhnlichen Behandlung wurde erst mit einer Insulintherapie begonnen, wenn der Blutzucker über 215 mg/dl lag. Hier wurde ein Blutzuckerwert zwischen 180 und 200 mg/dl angestrebt.

Bei der Gruppe der intensiven Insulintherapie wurde mit der Insulingabe begonnen, wenn der Blutzucker über 110 mg/dl lag und als Zielwert wurde der normale Grenzbereich zwischen 80 und 110 mg/dl angestrebt. Die Obergrenze der Insulindosis wurde willkürlich auf maximal 50 IE Actrapid pro Stunde festgesetzt. Sobald die Patienten die Intensivstation verließen, wurde eine konventionelle Herangehensweise angeschlossen, die den Glucosespiegel zwischen 180 und 200 mg/dl einstellen sollte.

Bei der Aufnahme wurden die Patienten mit einer intravenösen Glukosezufuhr vonn 200 bis 300g über 24 Stunden ernährt. Am nächsten Tag entweder weiterhin parenteral, parenteral und enteral oder komplett enteral. Eine komplett enterale Ernährung wurde so rasch wie möglich angestrebt.

1548 Patienten nahmen an dieser Studie teil. Insgesamt wurden von dem Patientenklientel 14 ausgeschlossen, 5 davon nahmen an anderen Studien teil, 9 andere lagen im sterben oder es bestand eine entsprechende Verfügung sie nicht wiederzubeleben. Insgesamt also recht globale und nachvollziehbare Ausschlußkriterien.

In den 12 Monaten ließ sich die Mortalität (Sterblichkeit) von 8,0% der gewöhnlich behandelten Gruppe auf 4,6% mit der intensiven Insulintherapie senken. Der Effekt zeigte sich besonders bei Patienten, die länger als 5 Tage auf der Intensivstaion waren (Mortalität: 20,2% gewöhnliche Behandlung, 10,6% intensive Insulintherapie). Auch bei vielen weiteren Komplikationen ließ sich die Rate reduzieren. Die größte Reduktion der Mortalität fand sich bei den Patienten, die ein MOF (multi-organ failure) mit einem nachgewiesenen septischen Fokus aufwiesen.

Unterm Strich zeigte sich, dass die Intensive Insulin Therapie mit dem Ziel eines Blutzuckerspiegels von unter 110 mg/dl die Morbidität (Krankheitshäufigkeit innerhalb einer Population) und die Mortalität unter den schwerst kranken Patienten der chirurgischen Intensivstation senken kann.

Quelle und weitere Informationen: The New England Journal of Medicine 8/2001 1359-1367

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